Als ich dich zwei Tage vor deinem Tod im Spital besuchte, sagtest du: «weisst du es ist gut hier. Vom Bett aus kann ich den Himmel sehen». Annemarie nun bist du dort.Dein grosses Herz hat aufgehört zu schlagen. Wie heisst es so schön «Das Wunderbarste von all dem, was im Menschen ist, ist sein Herz, denn es ordnet sein ganzes Wesen».Ich meine, dass dein grosses Herz überall, wo du warst, spürbar war. Wir haben uns im Vorstand des Frauenhauses Zürcher Oberland kennen gelernt. Und wahrscheinlich kann man auch sagen, dass ohne dich, Annemarie und deine sprichwörtliche Grosszügigkeit das Frauenhaus Zürcher Oberland die eine oder andere finanzielle Krise nicht gemeistert hätte. Aber nicht nur das war wichtig. In den über 30 Jahren, in denen du im Vorstand warst, hast du als Mitbegründerin stark mitgeprägt, hast viele Ideen gehabt und mit dazu beigetragen, dass das Frauenhaus Zürcher Oberland heute modern, gut geführt und ein wichtiger temporärer Lebensraum für Frauen und Kinder in Not ist. Viele werden dich auch noch als ihre Hausärztin kennen, denn lange Jahre hast du eine Hausarztpraxis in Fehraltorf geführt. Und ich bin sicher, dass dich die Liebe zu deinen Patientinnen und Patienten geleitet hat. Du hast Menschen ernst genommen und sie unterstützt, wo immer du konntest, wo immer du gebraucht wurdest, mit all dem, was du hattest. Du warst ein Mensch, der nie wegsah, wenn jemand Hilfe brauchte. Ein Mensch, der für andere da war, bedingungslos und mit offenem Herzen. Du hast früh gelernt dich zu behaupten. Schon in jungen Jahren musstest du kämpfen – nicht nur um deine Träume, sondern auch gegen Vorurteile. Als du beschlossen hast, Ärztin zu werden, war das noch keine Selbstverständlichkeit. „Das ist kein Beruf für Frauen“, sagte man dir damals. Das liess man dich auch in der Ausbildung und nachher als Assistenzärztin spüren. Du musstest dich beweisen, musstest besser sein als deine männlichen Kollegen. Doch du hast dich nicht beirren lassen. Mit Mut, Entschlossenheit und einem unbeugsamen Glauben an dich selbst gingst du deinen Weg – und wurdest eine hervorragenden Hausärztin die unzähligen Menschen geholfen hat. Deine Berufswahl hat dich geprägt. Du warst ein Leben lang, bis zu deinem Tod eine Kämpferin. Du hast, auch wenn deine gesundheitlichen Beschwerden zunahmen, nicht aufgegeben, hast gekämpft und bist bewundernswert mit all den Einschränkungen umgegangen. Und ebenso werden dich wohl auch noch einige, als passionierte Reiterin kennen und ich meine, dass nebst den Menschen, Pferde deine grosse Liebe waren. Als du dein letztes Pferd gehen lassen musstest, war das sehr schwer für dich, aber auch da war sie wieder: deine Stärke. Und was du auch immer wieder erzählt hast du, wie sehr du deine Nachbarn schätzt und vor allem auch deine «Tochter», die für dich eine grosse Stütze war.Annemarie, du warst ein Gutmensch, eine Menschenfreundin im besten Sinne des Wortes: aufrichtig, hilfsbereit, mitfühlend. Du hast die Malerei geliebt, gute Bücher, Poesie und liebtest Diskutieren und Philosophieren. Dein Lachen, deine Wärme und unerschütterliche Zuversicht, deine Intelligenz, dein einmaliger Humor und deine Geschichten, die dir dein Leben schrieb, werden fehlen. Annemarie, mit deinem Tod ist der Himmel reicher und die Welt ärmer geworden.Rosmarie Quadranti, Co-Präsidentin Frauenhaus Zürcher Oberland


